Was ist das Statusfeststellungsverfahren?
Das Statusfeststellungsverfahren ist ein Prüfverfahren der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung und ist im Sozialgesetzbuch §7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV geregelt. Es dient zur Ermittlung des Sozialversicherungsstatus einer Person und zur Vermeidung von Scheinselbstständigkeit. In diesem Beitrag beleuchten wir, was das Statusfeststellungsverfahren genau ist, wie es abläuft und welche Konsequenzen auf Freelancer und Unternehmen zukommen.
Definition: Was ist das Statusfeststellungsverfahren?
Das Statusfeststellungsverfahren wird von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) durchgeführt und entscheidet verbindlich darüber, ob der Selbstständige sozialversicherungspflichtig ist oder ob er tatsächlich abhängig sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist – also Angestellter. Das Verfahren sorgt somit für Sicherheit im Rechtsverkehr und Klarheit gegenüber den Sozialversicherungsträgern.
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Die Statusfeststellung ist daher für Freelancer besonders wichtig, um Scheinselbstständigkeit zu vermeiden. Die zuständige Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung führt das Feststellungsverfahren durch und trifft dabei die bindende Entscheidung über den Status der zu überprüfenden Person.
Bestehen Unklarheiten hinsichtlich des sozialrechtlichen Status eines Arbeitnehmers, können sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber einen Antrag zur Prüfung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einreichen.
Das Formular kann auf der Homepage der Deutschen Rentenversicherung heruntergeladen werden. Um ein Statusfeststellungsverfahren einzuleiten, ist es ausreichend, dass eine der beiden Parteien einen Antrag stellt.
Reform Statusfeststellungsverfahren – Was ist neu?
Am 01.04.2022 gab es eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens. Bis dahin wurde nicht nur der Beschäftigungsstatus einer Person überprüft (selbstständig oder abhängig beschäftigt). Es wurde außerdem geprüft, ob eine Person jeweils kranken-, pflege-, renten-, unfall- und arbeitslosenversicherungspflichtig ist. Seit der Reform wird nur noch der Erwerbsstatus an sich festgestellt.
Neu ist außerdem, dass sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer den Beschäftigungsstatus bereits vor der Aufnahme der Tätigkeit feststellen lassen können. Damit ermöglicht die DRV eine verbindliche Prognoseentscheidung, die für die Dauer des Projekts gilt. Aber: Die Entscheidung kann auch widerrufen werden, falls sich das Beschäftigungsverhältnis während des Projektverlaufs ändert. Der Status muss dann erneut überprüft werden. Weitere Neuerungen der Reform:
- Für gleichartige Beschäftigungsverhältnisse ist nun eine sogenannte Gruppenfeststellung möglich. Das ist zum Beispiel dann praktisch, wenn ein Unternehmen mehr als einen Freelancer egagieren möchte oder bereits hat.
- Mittlerweile haben Auftragnehmer und Auftraggeber das Recht, ihren Fall in einer mündlichen Anhörung im Rahmen des Widerspruchverfahrens erneut darzulegen.
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Wann bedarf es einem Statusfeststellungsverfahren?
Der Begriff „Statusfeststellungsverfahren“ klingt zunächst kompliziert. Damit soll im Grunde aber nur der Status festgestellt werden, ob jemand Selbstständiger ist oder abhängig Beschäftigter (Angestellter). Diese Abgrenzung ist nicht immer einfach, allerdings immens wichtig, denn: Wer abhängig beschäftigt ist, genießt zwar viele Vorteile (z. B. Urlaubs- und Krankengeld). Allerdings müssen Beschäftigte Sozialversicherungsbeiträge zu verschiedenen Versicherungen zahlen:
- Krankenversicherung
- Rentenversicherung
- Pflegeversicherung
- Arbeitslosenversicherung
- Unfallversicherung
Den einen Teil der Beiträge übernehmen Arbeitgeber, den anderen Teil zahlen Arbeitnehmer selbst. Eine Ausnahme hierbei bildet die Unfallversicherung, den Beitrag bzw. die Umlagen zahlen Arbeitgeber komplett.
Selbstständige dagegen unterliegen nicht der sozialversicherungspflicht und bekommen auch keinen Urlaub oder Krankheitstage gezahlt. Bis auf einige Ausnahmen wie Künstler, Autoren und andere Freiberufler, die sich über die Künstlersozialkasse versichern müssen, schließen Selbstständige meist nur eine Krankenversicherung ab. Der Rest ist freiwillig.
Das Beauftragen von selbstständigen Dienstleistern erspart Auftraggebern in vielerlei Hinsicht bares Geld. Einerseits müssen Unternehmen nicht für Sozialversicherungen aufkommen und andererseits werden keine anderen „Benefits“ wie Urlaubs-, Weihnachts- oder Krankengeld für Freelancer fällig.
Um zu verhindern, dass Selbstständige ausgebeutet werden – z. B. in Sachen Versicherungsschutz oder Arbeitsrecht – und um vielleicht noch ein Stück des Sozialversicherungskuchens abzubekommen, führt die Rentenversicherung das Statusfeststellungsverfahren durch.
Kurz und knapp: Ein Statusfeststellungsverfahren ist dann nötig, wenn es Unklarheiten darüber gibt, ob eine Person abhängig beschäftigt oder selbstständig ist. Mit dem Statusfeststellungsverfahren soll eindeutig festgestellt werden, ob ein Selbstständiger auch wirklich selbstständig ist oder ob er eigentlich Angestellter ist und für ihn dann Beiträge zur Sozialversicherung fällig werden und weitere Ansprüche entstehen.
Wie läuft das Statusfeststellungsverfahren ab?
1. Antragstellung
Der Antrag für die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens kann freiwillig vom Auftraggeber und vom Auftragnehmer gestellt werden. Es ist aber auch möglich, dass weitere Parteien ein Statusfeststellungsverfahren einleiten. Etwa dann, wenn im Rahmen einer Betriebsprüfung auffällt, dass das Auftragsverhältnis ein verdecktes Arbeitsverhältnis zu sein scheint.
In diesem Fall kann das Feststellungsverfahren über den Erwerbsstatus auch von der Krankenversicherung oder der Rentenversicherung sowie anderen Sozialversicherungsträgern eingeleitet werden.
Wichtig: Ein Antrag kann bereits vor der gemeinsamen Zusammenarbeit gestellt werden. Dieser Vorgang wird als „Prognoseentscheidung“ bezeichnet und ist für die Zeit des Tätigkeit gültig.
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Bevor man jedoch einen Antrag stellt, empfehlen wir, rechtlichen Rat einzuholen. Gerade bei Freelancern, die auf eine saubere Vertragsgestaltung und auch sonst auf alle Kriterien der Selbstständigkeit achten, ist es nicht nötig, „schlafende Hunde zu wecken“.
2. Prüfung
Nachdem der Antrag bei der Clearingstelle eingegangen ist, prüft die Deutsche Rentenversicherung die Verträge und das scheinbare Arbeitsverhältnis nach verschiedenen Kriterien:
- Besteht eine Weisungsgebundenheit?
- Wird mehr als 83 % des Umsatzes und der erbrachten Zeit bei einem Auftraggeber erwirtschaftet?
- Ist der Auftragnehmer wie ein Mitarbeiter in den Betrieb eingebunden?
- Trägt der Auftragnehmer sein eigenes wirtschaftliches Risiko?
Die Prüfung erfolgt dabei vereinzelt je Antrag. Hat zum Beispiel ein Auftraggeber vor, mit mehreren Freelancern zusammenzuarbeiten und diese Verhältnisse prüfen zu lassen, müssen der Clearingstelle mehrere Anträge vorgelegt werden.
3. Entscheidungsfindung
Kurz bevor es zu einer bindenden Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung kommt, haben alle Parteien das Recht auf eine Anhörung. Hier können z. B. Auftragnehmer und Auftraggeber darlegen, weshalb eine oder keine Scheinselbstständigkeit vorliegt. Hat die Rentenversicherung alle Beweise vorliegen und diese geprüft, erteilt sie den Beteiligten einen „rechtsbehelfsfähigen begründeten Bescheid“.
4. Widerspruch und Anhörung
Kommt bei einer Prüfung nicht das heraus, was die Parteien erwartet haben, können sie gegen den Bescheid Widerspruch einzulegen. Der Einspruch muss schriftlich begründet werden. Bei Bedarf kann man eine mündliche Anhörung beantragen, um erneut seinen Fall zu vertreten.
Welche Folgen hat das Statusfeststellungsverfahren?
Je nachdem, ob ein Auftragnehmer als Selbstständiger oder abhängig Beschäftigter eingestuft wird, ergeben sich positive oder negative Folgen. Klären wir zunächst die positiven:
Positive Folgen des Statusfeststellungsverfahrens
Rechtssicherheit
Sowohl der Auftraggeber als auch der Auftragnehmer erhalten Rechtssicherheit über den sozialversicherungsrechtlichen Status. Dadurch können zukünftige Nachforderungen oder Konflikte während der Zusammenarbeit vermieden werden.
Schutz vor Strafen
Eine korrekte Statusfeststellung schützt Auftraggeber vor möglichen Bußgeldern und Strafzahlungen, die bei der Feststellung von Scheinselbstständigkeit entstehen können.
Zugang zur Sozialversicherung
Wird die Entscheidung getroffen, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung und keine Selbstständigkeit handelt, hat das Verfahren wenigstens für eine Partei positive Auswirkungen: Als Freelancer erhält man in diesem Fall Zugang zum vollen Versicherungsschutz, erhält dadurch eine finanzielle Entlastung und bekommt sogar weitere Boni, etwa bezahlte Urlaubs- und Krankheitstage.
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Negative Folgen des Statusfeststellungsverfahrens
Hohe Nachzahlungen
Wird eine Person als abhängig beschäftigt (und damit sozialversicherungspflichtig) eingestuft, müssen Auftraggeber Sozialversicherungsbeiträge verzinst mit 1 % je Monat rückwirkend bis zum Beginn des Vertragsverhältnisses nachzahlen. In bestimmten Fällen, z. B. bei vorsätzlichem Handeln, können diese Nachzahlungen bis zu 30 Jahre rückwirkend erfolgen.
Beendigung Vertragsverhältnis
Für Freelancer kann das Risiko bestehen, dass die andere Vertragspartei (Auftraggeber) bei einer negativen Statusfeststellung das Vertragsverhältnis beendet und nicht in ein Arbeitsverhältnis umwandelt. Hierbei ist auf eine genaue Ausgestaltung der Kündungsklauseln im Vertrag zu achten.
Steuerliche Rückzahlungen
Auftraggeber müssen bei einer negativen Feststellung nicht nur Sozialversicherungsbeiträge rückwirkend begleichen. Es kann auch sein, dass die Lohnsteuer nachträglich fällig wird. Außerdem sind Auftraggeber und Auftragnehmer dann nicht berechtigt, den Vorsteuerabzug aus der Rechnungen geltend zu machen. Wurde das bereits getan, muss die Vorsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt werden. Für Auftragnehmer gilt, dass sie zu viel erhobene Umsatzsteuer zurückzahlen müssen.
Auf Solo-Selbstständige kommt ein weiterer Nachteil zu, sie verlieren nämlich ihren Status als Selbstständige und gelten ab dem Moment der Entscheidung als Arbeitnehmer. Dadurch ist er tatsächlich weisungsbefugt und verliert seine persönliche wie private Unabhängigkeit.
Eine weitere Folge: Nicht nur der betroffene Auftraggeber könnte die Zusammenarbeit beenden. Das Feststellungsverfahren kann sich auch auf die anderen bestehenden sowie künftigen Aufträge auswirken, wodurch dem Freelancer finanzielle Einbußen entstehen.
Welche Strafen bekommen AG und AN?
Das Statusfeststellungsverfahren kann nicht nur zu steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Nachzahlungen führen. Sollte im Verlauf des Verfahrens festgestellt werden, dass ein Arbeitgeber nach § 266a Strafgesetzbuch Arbeitsentgelter veruntreut hat, drohen folgende Konsequenzen:
Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 266a StGBVorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
Da der Auftragnehmer derjenige ist, der vom Gesetz geschützt werden soll, entstehen diesem keine Strafen nach Strafgesetzbuch. Eventuelle Steuerrückzahlungen und der Verlust des Status als Selbstständiger sind aus unserer Sicht auch Strafe genug für Freelancer.
Ausnahmen zum Statusfeststellungsverfahren
Statusfeststellungsverfahren sind nicht immer nötig. Ausnahmen bestehen, wenn sich die beiden Parteien einig über ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sind. Hierbei entfällt das Verfahren. Stattdessen meldet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an.
FAQ
Ist ein Widerspruch bei einer Statusfeststellung möglich?
Unabhängig davon, ob das Statusfeststellungsverfahren auf freiwilliger oder verbindlicher Basis erfolgt ist, haben Antragsteller stets die Möglichkeit einen Widerspruch zu erheben. Wichtig ist es hierbei, diesen innerhalb einer Frist von einem Monat ab Erhalt des Bescheides zu erheben.
Grundsätzlich liegt die Verantwortung der Nachweispflicht über ein fehlerhaftes Ergebnis der Prüfung immer beim Antragsteller. Um diese nachzuweisen, empfiehlt es sich, einen erfahrenen Rechtsbeistand zu konsultieren. Sollte der Widerspruch erfolglos bleiben, kann der Antragsteller innerhalb von 4 Wochen eine Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erheben.
Wie lange dauert das Statusfeststellungsverfahren?
Das Statusfeststellungsverfahren dauert in der Regel bis zu drei Monate. Die Dauer kann jedoch je nach Komplexität des Falls und Nachfragen der Deutschen Rentenversicherung variieren. Wenn die Entscheidung länger dauert, kann vor dem Sozialgericht auf eine Beschleunigung geklagt werden
Wie viel kostet das Statusfeststellungsverfahren?
Das Statusfeststellungsverfahren ist kostenfrei. Es entstehen keine Gebühren für die Beantragung und Durchführung. Allerdings können Kosten für Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen entstehen, wenn eine abhängige Beschäftigung festgestellt wird.
Bringt die Reform des Statusfeststellungsverfahrens mehr Rechtssicherheit?
Ja, die Reform vom 1. April 2022 verbessert die Rechtssicherheit, indem sie eine Prognoseentscheidung ermöglicht, noch bevor die Tätigkeit beginnt. Zudem erlaubt sie eine Gruppenfeststellung für gleichartige Vertragsverhältnisse und bietet mehr Transparenz bei komplexen Dreiecksverhältnissen
Was ist ein Statusfeststellungsverfahren für Geschäftsführer?
Ein Statusfeststellungsverfahren für Geschäftsführer prüft, ob der Geschäftsführer einer GmbH oder UG als abhängig Beschäftigter oder selbstständig gilt. Geschäftsführer, die mehr als 50 % der Anteile halten oder eine Sperrminorität besitzen, gelten in der Regel als selbstständig.
Wie beantragt man ein Statusfeststellungsverfahren?
Das Verfahren wird bei der Deutschen Rentenversicherung beantragt, indem das Formular V027 ausgefüllt wird. Der Antrag kann von Arbeitgebern, Auftragnehmern oder Dritten (z. B. Endkunden) gestellt werden. Es wird keine vorherige Zustimmung der anderen Vertragspartei benötigt.
Wie lange prüft die Rentenversicherung zurück?
Bei der Feststellung von Scheinselbstständigkeit kann die Rentenversicherung bis zu vier Jahre rückwirkend prüfen und Sozialversicherungsbeiträge nachfordern. In Fällen von vorsätzlicher Scheinselbstständigkeit kann diese Frist auf bis zu 30 Jahre ausgeweitet werden.
Schützt eine freiwillige Versicherung vor dem Statusfeststellungsverfahren?
Nein, eine freiwillige Versicherung schützt nicht vor einem Statusfeststellungsverfahren. Auch wenn eine Person freiwillig in der Renten- oder Krankenversicherung versichert ist, kann dennoch ein Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden, wenn Zweifel an der sozialversicherungsrechtlichen Einstufung bestehen. Entscheidend für das Verfahren sind die tatsächlichen Arbeitsbedingungen, wie Weisungsgebundenheit oder Eingliederung in den Betrieb, nicht der Versicherungsstatus. Die freiwillige Versicherung ändert nichts daran, dass eine Person als abhängig beschäftigt eingestuft werden kann.