Wenn man nicht angestellt, sondern der eigene Chef ist – dann ist man automatisch selbstständig, oder? Ganz so einfach ist die Sache leider nicht, denn das Gesetz kennt verschiedene Einordnungen für alle, die ihr Geld nicht in einem klassischen Arbeitsverhältnis verdienen. Neben der „Selbstständigkeit“ begegnen einem immer wieder Begriffe wie „Freiberufler“, „Gewerbetreibender“ oder „Freelancer“. In diesem Artikel klären wir die Unterschiede zwischen der freiberuflichen und selbstständigen Tätigkeit, verraten, welcher Status für welche Tätigkeit infrage kommt und was alle Selbstständigen gemeinsam haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Alle Freiberufler zählen zu den Selbstständigen. Allerdings sind nicht alle Selbstständigen auch Freiberufler.
- Es gibt einige Unterschiede zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden. Zum Beispiel zahlen Freiberufler keine Gewerbesteuer, Gewerbetreibende hingegen schon.
- Einige Freiberufler sind dazu verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen. Dazu gehören die meisten Katalogberufe wie Ärzte, Anwälte oder Ingenieure.
- Freelancer sind ebenfalls selbstständig, sie sind jedoch als freie Mitarbeiter tätig. Freelancer können Freiberufler, aber auch Gewerbetreibende oder auch beides sein.
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Definition Selbstständigkeit
Der Begriff „Selbstständigkeit“ beschreibt eine berufliche Tätigkeit, die eigenverantwortlich, unabhängig und auf eigene Rechnung ausgeübt wird. Selbstständige tragen das unternehmerische Risiko selbst und sind nicht in andere Organisationen eingegliedert – und damit auch nicht weisungsgebunden.
Generell könnte man auch sagen: Ist man nicht in einem klassischen Arbeitsverhältnis angestellt und geht stattdessen eigenverantwortlich einer Tätigkeit nach, ist man grundsätzlich selbstständig. Damit ist die rechtliche Einordnung aber längst nicht abgeschlossen. Der Begriff der Selbstständigkeit dient eher als Oberbegriff – denn als Selbständiger kann man Gewerbetreibender sein, Freiberufler oder sogar beides gleichzeitig.
Selbstständigkeit: Unterschiede freiberuflich und gewerblich
Die Frage nach dem Status (Art der Selbstständigkeit) ist vor allem steuerlich relevant. Denn je nachdem, ob jemand beispielsweise als Freiberufler gilt oder nicht, ist er zu verschiedenen Abgaben verpflichtet. Auch die gesetzlichen Vorgaben zur Buchführung unterscheiden sich. Deshalb betrachten wir die verschiedenen Begriffe nun im Einzelnen:
Freiberufliche Tätigkeit
Freiberufler stellen eine besondere Gruppe der Selbstständigen in Deutschland dar. Mit rund 1,47 Millionen Freiberuflern machen sie einen Anteil von 41 % aller Selbstständigen aus (Quelle: IfM). Aber was genau sind Freiberufler eigentlich?
Eine konkrete Definition des Begriffs „Freiberufler“ gibt es nicht. Dennoch nennt § 18 EStG Berufe – bzw. das Einkommen daraus – die dort als freiberufliche Tätigkeiten bezeichnet werden. Sie werden auch Katalogberufe genannt. Zu diesen gehören:
- Medizinische Berufe, wie z. B.: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten
- Rechts-, wirtschafts- und steuerberatende Berufe, wie z. B.: Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte
- Kulturberufe: Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer
- Technische und naturwissenschaftliche Berufe, wie z. B.: Handelschemiker, Lotsen, Biologen
Darüber hinaus gibt es noch katalogähnliche Berufe und sogenannte Tätigkeitsberufe. Bei den katalogähnlichen Tätigkeiten müssen Parallelen zu den genannten Katalogberufen vorhanden sein. So wäre ein ausgebildeter zahnmedizinischer Fachangestellter auch ein Freiberufler, sofern dieser freiberuflich bzw. auf eigene Rechnung tätig wird.
tipp
Zählt man nicht zu den typischen Katalogberufen oder den katalogähnlichen, kann man die Einstufung als Freiberufler eventuell mit den sogenannten Tätigkeitsberufen erreichen. Die Tätigkeitsberufe sind zwar auch nicht definiert, aber immerhin gibt § 18 EStG eine grobe Gruppierung vor:
Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit (…).
Einkommensteuergesetz (EStG) § 18
Beispiele für Tätigkeitsberufe sind etwa freischaffende Autoren (schriftstellerische Tätigkeit) oder Künstler, die im Auftrag Kunstwerke anfertigen. Als wissenschaftliche Tätigkeiten gelten dagegen gewisse Lehr- und Prüfungstätigkeiten, zu denen auch Gutachter gehören können oder freie Forscher.
Was ist ein Freiberufler?
Lese-Tipp: Alle Informationen rund um Freiberufler und die Einstufung zu den Freien Berufen gibt es in diesem Artikel:
Sobald die Einstufung einer freiberuflichen Tätigkeit erfolgt ist, wartet auf Freiberufler ein ganz besonderer Vorteil: Freiberufler unterliegen nicht der Gewerbeordnung und müssen keine Gewerbesteuer bezahlen – anders als Gewerbetreibende.
Gewerbetreibende
Gewerbetreibende sind Selbstständige, die einen Gewerbebetrieb haben und sich am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligen. Das bedeutet, dass sie unter anderem Produkte herstellen und ihre Waren und/oder Dienstleistungen am offenen Markt anbieten und nicht nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich sind. Beispiele für klassische Gewerbebetriebe sind:
- Friseur
- Online-Shop
- Gebäudereinigung
- Bäcker und Konditor
- Einzelhandelsgeschäft
- Werbetechniker
- Agentur
- etc.
Gewerbebetriebe unterliegen der Gewerbeordnung (GewO) und müssen demnach auch einige Pflichten mehr erfüllen als Freiberufler. Zum Beispiel müssen sie ein Gewerbe anmelden und die Steuer-ID beim Finanzamt beantragen. Freiberufler benötigen dagegen nur die Steuernummer.
Hinzu kommt, dass die meisten Gewerbe zur doppelten Buchführung verpflichtet sind, sofern sie eine gewisse Umsatz- oder Gewinnschwelle überschreiten. Die Buchhaltung ist weitaus komplexer als die vereinfachte Einnahmen-Überschuss-Rechnung, die Freiberufler generell abgeben dürfen.
Unterschiede zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden
Freiberufler und Gewerbetreibende unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf die Art ihrer Tätigkeit, die steuerliche Behandlung und die gesetzlichen Anforderungen an ihre berufliche Tätigkeit. Freiberufler üben eine selbstständige Tätigkeit nach § 18 EStG aus, zum Beispiel als Anwalt, Notar, Ingenieur oder Tierarzt. Sie müssen keine Gewerbesteuer zahlen und müssen keine doppelte Buchführung betreiben, solange sie nicht aufgrund ihrer Rechtsform im Handelsregister eingetragen sind.
Gewerbetreibende hingegen betreiben ein (Handels-)Gewerbe nach § 1 Handelsgesetzbuch (HGB). Sie sind dazu verpflichtet, das Gewerbe anzumelden und die Gewerbesteuer zu entrichten. Ab bestimmten Umsatz- und Gewinngrenzen (800.000 Euro Umsatz, 80.000 Euro Gewinn) müssen sie eine doppelte Buchführung durchführen und sogar Jahresabschlüsse erstellen. In der folgenden Tabelle gibt es alle Unterschiede im Detail:
Merkmal | Freiberufler | Gewerbetreibende |
---|---|---|
Tätigkeitsbereich | Wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende sowie andere im Gesetz genannte Berufe (§ 18 EStG) | Handel, Handwerk, Industrie & Dienstleistungen, die nicht zu den Freien Berufen gehören (§ 1 HGB) |
Gewerbeanmeldung | Nicht erforderlich | Erforderlich (§ 14 GewO) |
Gewerbesteuer | Keine Gewerbesteuer | Gewerbesteuerpflichtig (§ 2 GewStG) |
Buchführung | Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) | Ab einer bestimmten Einkommensgrenze gilt Pflicht zur doppelten Buchführung (§ 238 HGB) |
Berufsrechtliche Regelungen | Spezifische Kammern und Berufsordnung | Handels- und Gewerberecht |
Beispiele für Berufe | Ärzte, Anwälte, Künstler, Architekten, Ingenieure, freie IT-Berater | Einzelhändler, Friseure, Werbetechniker, Gaststätten, Agenturen |
Freelancer
Häufig werden die Begriffe Freiberufler und Freelancer synonym verwendet, das trifft jedoch nicht immer zu. Unter einem Freelancer versteht man jemanden, der für einen festgelegten Zeitraum projektbezogen und auf eigene Rechnung (selbstständig) für verschiedene Unternehmen tätig ist. Man könnte zu einem Freelancer auch „freier Mitarbeiter“ sagen.
Freiberufler, die als freie Mitarbeiter eingestuft werden, können also durchaus Freelancer sein – aber nicht jeder Freelancer ist automatisch auch ein Freiberufler.
Was ist ein Freelancer?
Lese-Tipp: Worum es sich genau bei einem Freelancer handelt, und was das Freelancer-Dasein so besonders macht, verraten wir in diesem Artikel:
Deutlich werden die Unterschiede zwischen Freiberufler, Gewerbetreibenden und Freelancer mit einem Beispiel: Eine Grafikerin, die ihr Einkommen aus der Projektarbeit mit Unternehmen erzielt, ist eine Freelancerin und gleichzeitig eine Freiberuflerin, da sie künstlerisch bzw. schöpferisch tätig ist.
Sobald sie standardisierte Grafiken fertigt und diese beispielsweise über Stock-Anbieter verkauft, ist sie eine Gewerbetreibende. Wenn sie an Projekten arbeitet und darüber hinaus standardisierte Grafiken am Markt anbietet, stellt die Grafikerin eine Mischform aus freiberuflich und gewerblich dar.
hinweis
Gemeinsamkeiten von Freiberuflern und Selbstständigen
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Berufliche Risiken
Trotz zahlreicher Unterschiede haben freiberuflich Tätige und Selbstständige etwas gemeinsam: die beruflichen Risiken. Beschert man Auftraggebern oder anderen Dritten einen Schaden, muss man mit dem eigenen Privatvermögen dafür haften. Dagegen können sich Selbstständige allerdings mit einer Berufshaftpflicht über exali absichern. Dann steht im Schadensfall ein verlässlicher Partner zur Seite. Der Versicherer prüft Ansprüche auf ihre Rechtmäßigkeit und übernimmt die Schadensumme, wenn die Ansprüche gerechtfertigt
Sozialversicherungspflicht
Freiberufler müssen sich, da sie zu den Selbstständigen gehören, selbst sozialversichern. Aktuell sind Selbstständige in Deutschland dazu verpflichtet, eine Kranken- und Pflegeversicherung abzuschließen. Ob es sich dabei um eine gesetzliche oder die private Variante handelt, ist jedem selbst überlassen.
Außerdem unterliegen einige Freie Berufe sowie Gewerbe-Arten der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung. Zu den versicherungspflichtigen Selbstständigen gehören:
- Handwerker (zulassungspflichtiger Handwerksberuf wie z. B. Zimmerer)
- Lehrer, Hebammen, Erzieher und Pfleger
- Künstler und Publizisten
- Selbstständige mit nur einem Auftraggeber
- Küstenschiffer und Lotsen
- etc.
Vorsicht beim Thema Scheinselbstständigkeit
Die Selbstständigkeit zeichnet sich besonders durch die Unabhängigkeit von einem Arbeitgeber aus – schließlich ist man sein eigener Chef. Freelancer bzw. Freiberufler und Gewerbetreibende müssen sich daher immer selbst versichern. Sie sind von der Beitragspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung (bis auf wenige Ausnahmen) befreit.
Anders sieht der Fall jedoch bei freien Mitarbeitern aus, deren berufliche Tätigkeit einer gewöhnlichen und abhängigen Festanstellung ähnelt. Zum Beispiel dann, wenn Freiberufler regelmäßige Arbeitszeiten haben, in die Organisation des Auftraggebers integriert werden, im Krankheitsfall weiterhin bezahlt werden, etc.
Sollte sich bei einem sogenannten Statusfeststellungsverfahren ergeben, dass eigentlich ein Arbeitsverhältnis und keine Selbstständigkeit (Scheinselbstständigkeit nach § 7a SGB) vorliegt, kann es zu Nachzahlungen der Versicherungsbeiträge kommen.