Freelancer vs. Angestellte – ein Gehaltsvergleich
Für viele Menschen ist es eine absolute Traumvorstellung der eigene Chef zu sein und dabei auch noch finanziell unabhängiger zu werden als bisher. Welche finanziellen Vor- und Nachteile das Freelancer-Dasein im Vergleich zu Festangestellten hat, klären wir anhand eines Gehaltsvergleichs in diesem Artikel.
Das Gehalt eines Festangestellten kann natürlich nicht eins-zu-eins mit dem Stundensatz des Freelancers verglichen werden. Während Monatsgehälter pauschal ausgezahlt werden, lassen sich Freelancer meist pro Stunde bezahlen oder kalkulieren einen Projektpreis. Außerdem wirken sich verschiedenste weitere Faktoren auf das Einkommen von Festangestellten und Freelancern aus. Wir haben diese Faktoren im Folgenden genauer unter die Lupe genommen und sind zu einem spannenden Schluss gekommen.
Freelancer oder Angestellter – wer verdient mehr?
Die Vergütungsanalysten von Hays kommen in ihrem IT-Gehaltsreport auf ein durchschnittliches Jahresgehalt von ca. 67.000 Euro brutto für angestellte IT-Fachkräfte. Gemäß Stepstones Gehaltsreport liegt das Durchschnittsgehalt in der IT-Branche in Deutschland bei rund 58.851 Euro brutto. Wird davon das Nettomonatsgehalt berechnet, beläuft sich das auf rund 3 – 4.000 Euro.
Neben den persönlichen Qualifikationen spielen bei Angestellten auch Faktoren wie der Arbeitgeber und dessen Umfeld, sowie die Demografie der Arbeitnehmenden eine wichtige Rolle.
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Genau wie beim Angestellten sind auch beim Selbstständigen-Gehalt verschiedenste Faktoren von Bedeutung. Erster wichtiger Unterschied: IT-Selbstständige arbeiten an verschiedenen Projekten und werden dort meistens pro geleisteter Stunde vergütet. Freelancer müssen also berechnen, wie hoch sie den Stundensatz ansetzen, um für ihre Arbeit fair entlohnt zu werden. Dabei müssen sie verschiedene Einflussfaktoren einkalkulieren, wie beispielsweise:
- Betriebsausgaben
- Versicherungen
- Wohnsitz
- Steuerklasse
- Urlaubs- und Krankheitstage
- Qualifikationen und Erfahrungen
Gemäß Freelancer-Kompass liegt das durchschnittliche Nettomonatseinkommen für Freelancer bei rund 5.250 Euro. Ihr Monatseinkommen ist somit etwa 30 % höher als das Durchschnittseinkommen ihrer Kollegen in Festanstellung. Doch woher kommt dieser große Unterschied?
tipp
Der Bildungsabschluss
Zuerst wird der jeweilige Bildungsabschluss im Zusammenhang mit den Löhnen von IT-Angestellten näher analysiert. Erwartungsgemäß wird ein höherer Bildungsgrad von Arbeitgebern höher entlohnt. Egal ob es sich um Beschäftigte mit oder ohne Personalverantwortung handelt, IT-Fachkräfte mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium erzielen weitaus höhere Gehälter im Vergleich zu Mitarbeitenden mit einer beruflichen Ausbildung.
So verdienen Arbeitnehmer mit einem absolvierten Hochschulstudium und Bachelor-Abschluss gemäß der Studie von Hays 65.300 Euro jährlich brutto, gefolgt von höheren Studienabschlüssen mit 74.400 Euro. Wer eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, verdient im Schnitt immer noch 61.300 Euro.
Legendäre Persönlichkeiten aus dem Tech-Umfeld wie Bill Gates und Mark Zuckerberg beweisen allerdings auch, dass ein akademischer Abschluss nicht immer den Schlüssel zum Erfolg darstellt. Beide haben keine formalen Bildungsabschlüsse und können trotzdem berufliche Erfolge vorzeichnen.
Trotzdem bleibt die Statistik bestehen, dass IT-Experten mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium im Durchschnitt deutlich höhere Gehälter erzielen und grundsätzlich bessere Aufstiegschancen als ihre Kollegen mit ausschließlich beruflicher Ausbildung vorweisen.
Bildungshintergrund | Mittelwert Festanstellung | Mittelwert Freiberufler |
---|---|---|
Ausbildung | 61.300 € | 58.500 € |
Studium (Bachelor) | 65.300€ | 56.500 € |
Studium (Master / Diplom / Magister) | 74.400€ | 69.900 € |
Genau wie beim angestellten IT-Spezialisten spielt die Ausbildung der Freelancer eine Rolle. Hier zeigen die Ergebnisse des Freelancer-Kompasses, dass Selbstständige mit Hochschulabschluss mit 109 Euro (Master) die höchsten Nettostundensätze verlangen. Ob diese jedoch von einer Universität oder einer Fachhochschule verliehen wurden – und ob es sich dabei um Master oder Bachelorabschlüsse handelt – macht keinen Unterschied.
Freelancer mit Abitur oder mittlerer Reife verdienen durchschnittlich 92 Euro pro Stunde. Freie Mitarbeitende, die die Hauptschule abgeschlossen haben, verdienen 78 Euro. Freelancer mit Master-Abschluss verdienen mit rund 98 Euro den höchsten Stundensatz.
hinweis
Wir können festhalten, dass sich bei beiden – Freelancern und Angestellten – der Bildungsabschluss direkt auf die Höhe des Einkommens auswirkt. Da von IT-Festangestellten in der Regel mindestens eine Fachausbildung verlangt wird, haben die einzelnen Bildungsabschlüsse ein höheres Gewicht als bei Freelancern, bei denen der Stundensatz nach Ausbildung weniger variiert.
Die Berufserfahrung
Aufbauend auf den Bildungsabschluss ist auch die gesammelte Berufserfahrung von Bedeutung. Je mehr Erfahrung jemand in seiner Funktion und dem Fachgebiet hat, desto wichtiger ist er für den Arbeitgeber. Auch in der IT-Branche steigt der Lohn am Anfang eher langsam an, erhöht sich gemäß der Studie von Hays aber mit steigender Erfahrung zunehmend.
Bereits in den ersten 2 – 5 Jahren nach Einstieg in die Berufstätigkeit verzeichnet man die größte Gehaltszunahme um durchschnittlich 17 %. Das Jahreseinkommen erreicht damit im Durchschnitt 57.800 Euro. Wer mehr als 10 Jahre Arbeitserfahrung vorweisen kann, verdient durchschnittlich 72.900 Euro.
Berufserfahrung | Durchschnittsgehalt |
---|---|
Weniger als 2 Jahre | 49.300 € |
2 bis 5 Jahre | 57.800 € |
6 bis 10 Jahre | 64.700 € |
Mehr als 10 Jahre | 72.900 € |
Auch als Freiberufler spielt die Berufserfahrung eine große Rolle. Der Freelancer-Kompass hat ergeben, dass die meisten Freelancer den Schritt in die Selbstständigkeit nach sieben Jahren Berufserfahrung als Festangestellte wagen. Da Erfahrung für Freelancer als Qualitätsmerkmal gilt und daher besonders wertvoll ist, verdienen Selbstständige mit bis zu zehn Jahren Berufserfahrung am meisten.
Berufserfahrung | Durchschnittlicher Gewinn |
---|---|
Weniger als 2 Jahre | 50.700 € |
2 bis 5 Jahre | 58.300 € |
5 bis 10 Jahre | 73.400 € |
Mehr als 10 Jahre | 68.100 € |
Die beiden Studien machen deutlich, dass sich auch die Berufserfahrung in beiden Positionen auf das Einkommen auswirkt.
Der Arbeitgeber
Ein weiterer entscheidender Faktor bei den Gehältern von Angestellten IT-Experten ist die Größe des jeweiligen Unternehmens. Dass kleinere Firmen weniger Personalbudget haben als große, ist vermutlich bekannt. Die Gehälter fallen bei kleineren Unternehmen generell geringer aus als bei Großunternehmen.
Die Gehaltsdifferenz zwischen Klein- und Großunternehmen beträgt rund 23.300 Euro im Jahr. Folglich verdienen Angestellte bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten im Vergleich am meisten. Betrachtet man es rein aus finanziellen Aspekten, zahlt sich die Anstellung in einem großen Unternehmen aus.
Unternehmensgröße | Mittelwert |
---|---|
bis 100 Mitarbeitende | 57.700 € |
101 – 500 Mitarbeitende | 63.200 € |
501 – 1000 Mitarbeitende | 65.100 € |
1.001 – 5.000 Mitarbeitende | 69.900€ |
5.001 – 10.000 Mitarbeitende | 71.900 € |
Mehr als 10.000 Mitarbeitende | 81.000 € |
Durchschnitt alle IT-Fachkräfte/Spezialisten | 67.200 € |
Für Freelancer sind deren Kunden so etwas wie ein Arbeitgeber – nämlich ihre Auftraggeber. Doch auch deren Eigenschaften sowie ihr Umfeld sind ausschlaggebend für den Stundensatz. Wie der Freelancer-Kompass zeigte, berechnet der Großteil der Befragten (44 %) ihren Stundensatz für jedes Projekt neu.
Auch ergab die Umfrage, dass Freelancer den Stundensatz höher ansetzen, wenn sie für Großunternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden arbeiten (durchschnittlich 100 Euro) als wenn sie ihre Dienste kleineren Unternehmen, mit weniger als zehn Mitarbeitern, ihre Dienste anbieten.
Der Standort
Neben der Firmengröße ist auch der Standort entscheidend. Der Stepstone Gehaltsreport zeigt auf, dass das Einkommen der IT-Spezialisten stark vom Bundesland abhängig ist. So sind die IT-Gehälter in Hamburg, mit gut 57.312 Euro durchschnittlich am höchsten und in Mecklenburg-Vorpommern mit rund 41.797 Euro am niedrigsten.
Auch der Freelancer-Stundensatz variiert je nach Bundesland. Gemäß Freelancer-Kompass verlangen Freelancer in Bayern mit 103 Euro den höchsten Stundensatz. Sachsen liegt auf dem letzten Platz. Dort liegen die Stundensätze durchschnittlich bei 88 Euro.
Die Branche
Natürlich ist auch die Branche für die Höhe des Gehalts entscheidend. Im Vergleich schneidet hier bei den Angestellten die Biotechnologie-Branche am besten ab ‒ IT-Spezialisten verdienen hier rund 39 Prozent mehr als der Gesamtdurchschnitt. Am zweit höchsten werden Jobs in der Halbleiterindustrie (+30 %) oder in der Maschinenbauindustrie (+26 %) bezahlt. Die Schlusslichter im Einkommensbereich sind im Call Center, bei Zeitarbeitsunternehmen und Krankenhäusern zu finden und verdienen mindestens 15 Prozent unter dem Durchschnitt.
Unter den Selbstständigen liegt die Branche Energie auf Position eins der Stundensätze. Dicht gefolgt, kommen die Branchen Banken / Finanzen, Industrie und Versicherungen vor der Gesundheits- und Medizinbranche.
Die Funktion
Natürlich spielt es bezüglich des Gehalts eine Rolle, in welchem Tätigkeitsbereich IT-Experten arbeiten. Die IT-Studie von Hays kommt hier zum Ergebnis, dass SAPConsultants / Berater (BereichERP), gefolgt von Spezialisten in den Bereichen IT-Sicherheit und Softwareentwicklung Mobile am meisten verdienen. Sie können für Ihre Arbeit teilweise ein Jahresgehalt von bis zu 100.000 Euro erhalten.
Außerdem ist ausschlaggebend, ob der Angestellte eine Führungsfunktion übernimmt oder nicht. Bei der Studie von Hays zeigte sich, dass Teamleiter mit 80.200 Euro etwa 20 Prozent mehr verdienen als ihre Kollegen ohne Personalverantwortung (67.200 Euro). Als Abteilungsleitung verdient man etwa 91.200 Euro und als Bereichsleitung beträgt das mittlere Jahreseinkommen 127.000 Euro.
Natürlich darf auch die Funktion, welche der Freiberufler im Projekt einnimmt, nicht vergessen werden. Da Freelancer oft besonders gefragte Fähigkeiten für ein Projekt mitbringen und in Unternehmen für ihr Spezialisten Wissen angestellt werden, sind sie häufig in entwickelnden oder beratenden Funktionen tätig.
Auch übernehmen sie interimistische Führungspositionen und füllen so kurzfristig höchst verantwortungsvolle Rollen aus. Diese „Retter in der Not“-Position erklärt auch, wieso Freelancer so hohe Stundensätze ansetzen können.
Aus dem Freelancer-Kompass geht hervor, dass Freelancer ebenfalls höhere Stundensätze ansetzen können, wenn sie in beratenden Positionen arbeiten. So kommen selbstständige Berater auf gut 118 Euro die Stunde. Projektleiter verlangen 108 Euro die Stunde. Am unteren Ende der Stundensätze ordnen sich die Projektmitarbeiter mit durchschnittlich 89 Euro pro Stunde ein.
Der Freelancer-Faktor: Arbeitstage, Abzüge und Ausgaben
IT-Freelancer müssen neben den eigenen Fähigkeiten, der Stellenanforderungen und dem Kunden zusätzliche Faktoren in Betracht ziehen. Da Selbstständige für ihre Auftragslage selbst verantwortlich sind, können sie kaum zu 100 Prozent produktiv ausgelastet sein.
Das bedeutet, dass sie ihre unproduktiven Arbeitstage sowie Urlaub, Krankheits– oder Weiterbildungstage in die Kalkulation mit einbeziehen müssen. Um ihren Stundensatz richtig berechnen zu können, müssen ebenfalls die betrieblichen Kosten, Ausgaben, Versicherungen und Altersvorsorge mit einbezogen werden.
Wo bei Angestellten der Arbeitgeber normalerweise die Sozialversicherung regelt, die Beiträge zahlt und direkt vom Einkommen abrechnet, muss der Freelancer dies selbst einkalkulieren. So werden beispielsweise Beiträge für Kranken-, Pflege-, Renten-, Arbeitslosen-, und Unfallversicherung fällig und fließen somit ebenfalls in die Berechnung des Stundensatzes mit ein.
Fazit
Gemäß den betrachteten Studien ist das Einkommen von Freelancern tendenziell höher als das von Festangestellten. Auf der anderen Seite genießen Angestellte Vorteile, wie beispielsweise eine längerfristige Planungssicherheit, bezahlten Urlaub und geregelte Arbeitszeiten. Selbstständige hingegen sind ihres eigenes Glückes Schmied und müssen daher Chancen und Risiken für sich abwägen und nutzen, um langfristig erfolgreich zu sein.
Schlussendlich ist ein direkter Gehaltsvergleich von Freelancern und IT-Angestellten mit Vorsicht zu genießen. Fest steht jedoch: Wer gerne sein eigener Chef ist und zumindest theoretisch unbegrenzte Verdienstmöglichkeiten sucht, der sollte den Sprung in die Selbstständigkeit in Betracht ziehen.