Zahlungsverzug: Was tun, wenn der Kunde nicht zahlt?
Zahlungsverzug ist wohl ein Thema, mit dem jeder Freelancer früher oder später Bekanntschaft macht. Die Rechnung wird eingereicht, jedoch nicht bezahlt. Wir geben Tipps, wie Freiberufler vorgehen können, wenn der Kunde nicht zahlt und was Selbstständige tun können, um Zahlungsausfälle zu vermeiden.
Gründe für den Zahlungsverzug
Banalitäten – Meist ist der Grund für den Zahlungsverzug simpel: Die zuständige Person ist im Urlaub, die Rechnung ist verloren gegangen oder sie wurde schlichtweg vergessen.
Die Ahnungslosen – Niemand weiß von etwas. „Was? Ihre Rechnung ist noch nicht bezahlt? Puh, welche Rechnung eigentlich? Und wer sind Sie überhaupt? Ich würde sagen, Sie geben mir Ihre Nummer und wir melden uns dann.“ Nein, auf den Rückruf muss nicht gewartet werden, er wird nie kommen und das Geld wird auch nicht überwiesen.
Kunde ist nicht einverstanden mit der Rechnung – Dabei ist es wichtig, der Unzufriedenheit auf den Grund zu gehen. Liegt der Grund möglicherweise beim Freelancer und es hat sich in der Rechnung ein Zahlendreher eingeschlichen? War der Auftraggeber generell unzufrieden mit der erbrachten Leistung? Dann sollte eine angemessene Lösung gefunden und versucht werden, einen Schritt auf den Kunden zuzugehen.
Erreiche mehr Auftraggeber
Erhöhe deine Sichtbarkeit mit einem Profil auf der größten deutschsprachigen Freelancing-Plattform.
Kunde kann nicht zahlen – Das Schlimmste, was Freelancern in solch einer Situation passieren kann. Hier bleibt nur zu hoffen, dass es sich um saisonale Umsatzschwankungen und eine dementsprechend kurzfristige Zahlungsunfähigkeit handelt. Der wichtigste Schritt in dieser Situation ist, den Kunden zu fragen, wie er das Problem lösen möchte. Um ihm entgegenzukommen, wären die Möglichkeit zur Zahlung in Raten und ein Zahlungsaufschub ein Ansatz. Ebenso besteht die Möglichkeit, dass ein außenstehender Dritter für die Verbindlichkeiten aufkommt. Dazu kann man einen Schuldbeitritt oder eine Schuldübernahme vereinbaren oder auf eine Bürgschaft zurückgreifen.
Alternativ kann ein Kompensationsgeschäft in Erwägung gezogen werden – Wird eine Dienstleistung oder das Produkt, das der Kunde anbietet, benötigt? Bei einer Insolvenz bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens ein Bruchteil der Rechnung bezahlt wird.
Maßnahmen bei Zahlungsverzug
Welche Möglichkeiten sind in welchem Fall angebracht und empfehlenswert? In der Regel werden folgende Schritte eingeleitet:
1. Persönlich nachfragen
Der naheliegendste Ansatz: Ein Anruf lässt sich weniger ignorieren und vergessen als eine Mail. Wer hier hartnäckig bleibt, hat gute Chancen, schnell an sein Geld zu kommen. Falls jedoch niemand beim Kunden zu erreichen ist, sollte sich die Zeit gespart und eine schriftliche Erinnerung verschickt werden. Hier ist der Weg über die E-Mail-Adresse meistens der Beste, um den Kunden an den offenen Betrag zu erinnern und um einen schriftlichen Nachweis zu haben.
2. Schriftliche Zahlungserinnerung
Das ist quasi die “nette Version” einer Mahnung. Zahlungserinnerung und Mahnung sind rechtlich allerdings dasselbe und lösen den Verzug beim Schuldner aus. Dabei wird der Kunde freundlich aufgefordert, den Rechnungsbetrag bis zu einer bestimmten Frist zu begleichen. Die Zahlungserinnerung kann beispielsweise folgendermaßen formuliert werden:
Vorlage Zahlungserinnerung
Sehr geehrte/r XY,
nach Durchsicht meines Geschäftskontos habe ich festgestellt, dass der nachfolgend aufgeführte Betrag aus der Rechnung vom (Datum) zum Fälligkeitstermin (Datum) für das Projekt X noch nicht beglichen wurde. Liegt hier ein Fehler vor? Ich möchte Sie hiermit freundlich darum bitten, Ihre Zahlung nochmals zu überprüfen und soweit noch nicht erfolgt, den fälligen Betrag XY bis zum XX.XX.XXXX zu bezahlen.
Mit freundlichen Grüßen
Freelancer XY
Ab dem Zeitpunkt der schriftlichen Zahlungserinnerung hat der Rechnungssteller das Recht auf Verzugszinsen (bei Verbrauchern 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz von 3,12 %, bei Unternehmern 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, Stand 12/2023).
Ohne Erinnerung oder Mahnung gerät der Kunde automatisch in Verzug, wenn innerhalb von 30 Tagen nicht gezahlt oder der Zahlungstermin der Rechnung nicht eingehalten wurde. Bei Verbrauchern gilt dies allerdings nur, wenn auf diese Folge im Vorfeld hingewiesen wurde. Wenn keine Reaktion erfolgt, sollte nach Ablauf der neuen Frist eine Mahnung mit einer weiteren Frist versendet werden.
3. Mahnung
Eine Mahnung ist eine eindeutige an den Schuldner gerichtete Aufforderung, die geschuldete Leistung zu erbringen. Sie sollte zu Nachweiszwecken des Zugangs per Einschreiben an den Schuldner verschickt werden. Somit kann eine Behauptung des Kunden “das Schreiben nie erhalten zu haben” vermieden werden.
Je nach Mahnstufe verändert sich der Ton des Schreibens. Es kann bis zu drei Mahnungen mit weiteren Fristen geben. Wir haben die wichtigsten Mahnvorlagen für die jeweiligen Mahnstufen zur Verfügung gestellt:
Konsultierung eines Anwalts
Wenn auch die Mahnungen erfolglos geblieben sind, empfiehlt es sich, einen Anwalt einzuschalten. Das ist ärgerlich, aber hat auch etwas Positives – nun steht dem Gläubiger ein Verbündeter zur Seite, der die Lage gut einschätzen kann und zudem über ein mächtiges Instrument verfügt: den Briefkopf einer Anwaltskanzlei. Waren die vorherigen Schritte noch relativ harmlos, sieht die Sache jetzt schon viel offizieller und ernster aus.
Jeder weiß, dass einem das Anwaltsschreiben die Pistole auf die Brust setzt – entweder wird die Rechnung beglichen oder es wird richtig ernst! Wenn der Schuldner sich noch immer hartnäckig gegen eine gütliche Einigung wehrt, bleibt nur die Klage. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass auch der Anwalt bezahlt werden möchte. Wie viel der Anwalt kostet, hängt vom Streitwert ab.
Gewinnt der Gläubiger das Verfahren, muss der Schuldner die Kosten übernehmen. Geht der Schuldner jedoch insolvent, bleibt der Freelancer auf den Kosten sitzen. Sowohl für das Gerichtsverfahren als auch für die nicht beglichene Rechnung. Daher sollten Selbstständige also immer abwägen, ob sich das Hinzuziehen eines Anwalts lohnt. Bei kleineren Beträgen muss abgewogen werden, ob der eigene zeitliche und nervliche Aufwand wirtschaftlich die Kosten eines Anwalts überwiegt. Denn bei einem zahlungsfähigen Schuldner bleiben keine eigenen Anwaltskosten hängen, aber der Ärger ist vollständig outgesourct.
Weitere Instanzen
Nachdem die Mahnungen und auch der Brief vom Anwalt erfolglos blieben, hat der Gläubiger noch drei weitere Optionen – das Mahnverfahren, das Beauftragen eines Inkassounternehmens und eine Klage.
Bevor der Gläubiger eine Klage einreicht, sollte er sich von seinem Anwalt in Hinblick auf die Erfolgsaussicht beraten lassen. Falls es eher schlecht um den Erfolg steht, bleibt der Kläger auf den Kosten des Verfahrens sitzen. Bei erfolgreicher Klage hat der Gläubiger 30 Jahre lang das Recht, sein Geld mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers eintreiben zu lassen.
Um das Mahn- und Gerichtsverfahren zu umgehen, haben Gläubiger ebenfalls die Möglichkeit, sich an ein Inkassounternehmen zu wenden. Je nach Geschäftsmodell kaufen manche die Forderungen zu einem geringeren Preis ab und versuchen, das Geld selbst einzutreiben. Ähnlich arbeiten auch spezialisierte Factoring-Anbieter.
Falls der Kunde eine Leistung in Anspruch genommen hat, obwohl er bereits bei der Erteilung des Auftrags wusste, dass er zahlungsunfähig ist, könnte es sich um einen Betrugsfall handeln. Hier bietet sich die Möglichkeit Betrugsanzeige zu erstatten. Damit erhält man zwar nicht auch nicht sein Geld zurück. Aber es stärkt im Zweifel den eigenen Schadensersatzanspruch. Und über die Ermittlungsakte kann man wichtige Informationen erhalten, zum Beispiel eine aktuelle Adresse. Auch im Falle eines Insolvenzverfahrens bleiben die Forderungen somit uneingeschränkt bestehen.
Tipps, um Zahlungsverzögerungen und Liquiditätsengpässe zu vermeiden
- Klares Zahlungsziel auf die Rechnung schreiben – Auch, wenn sich viele Kunden davon nicht beeindrucken lassen und es missachten.
- Rechnungen digitalisieren – Manchmal kann es helfen, auf Papierrechnungen zu verzichten. Diese können bei der Post verloren gehen und beanspruchen bei der Bearbeitung mehr Zeit. Auch verschiedene Optionen eine Rechnung zu bezahlen sind gern gesehen.
- Skonto anbieten – Mit einem Skonto steigt die Motivation, schneller eine Rechnung zu begleichen und somit an das Geld zu kommen.
- Nach Zahlungsprozess im Unternehmen des Auftraggebers fragen – Muss beispielsweise jede Rechnung vom Chef abgesegnet werden, ist es hilfreich zu wissen, wann dieser für längere Zeit abwesend ist.
- Verschieden Zahlungsoptionen anbieten – So können die Kunden zwischen verschiedenen Optionen wählen und die für sich bequemste nutzen.
- Anzahlung und regelmäßige Abschlagszahlungen vereinbaren – Das bietet sich vor allem bei größeren Summen an.
- Bürgschaften – Bei größeren Summen auch Bürgschaften durch eine Bank oder Dritte verlangen.
- Netzwerken und recherchieren – Zahlungsausfälle können sich herumsprechen oder ein Kollege hat bereits negative Erfahrungen mit solch einem Auftraggeber gemacht. Hier gilt es jedoch, sich nicht auf einzelne Quellen zu vertrauen und sich umzuhören.
- Factoring – Kann hilfreich sein, finanzielle Engpässe zu vermeiden.